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  • Edelkastanien auf der Bönninghardt

     

    Typisch für den Höhenzug - einzigartig in Deutschland

    Edelkastanien am Hof Gossens - Karl Bröcheler

     

    Fährt man im Herbst über die L 461 von Alpen nach Sonsbeck, so parken im Waldbereich links und rechts der Straße Fahrzeuge aus dem gesamten Ruhrgebiet. Besonders an den Wochenenden zieht der Wald in großer Zahl Besucher an. Sie alle haben ein Ziel, die Edelkastanien, die hier von den Bäumen fallen. Von den Einheimischen eher als ein saisonales Knabberwerk betrachtet, werden sie von türkischen Besuchern in großen Mengen gesammelt und als reguläres und wohlschmeckendes Nahrungsmittel geschätzt. Ganze Familien schwärmen im ersten Morgengrauen aus, die nahrhaften Früchte einzusammeln.

    Rund 70 ha der Bönninghardter Waldungen weisen einen überwiegenden Kastanienbestand auf. Das Zustandekommen einer so großen Fläche auf dem mageren Sandboden ist eine eigene Geschichte, die noch einer näheren Betrachtung bedarf.

    Kastanie am Hof Kiwitt - Karl BröchelerIm Juni 2010 zog es die Interessengemeinschaft Edelkastanie, die sich unter anderem der Sicherung, dem Schutz und der Vermehrung der Bestände der "Vielzweckbaumart" Edelkastanie verschrieben hat, an den Niederrhein. Während der Tagung zog es die Teilnehmer zu den Edelkastanien-Alleen von Schloss Dyck und am Gut Weißenstein in Hamminkeln und zur Besichtigung der Bönninghardter Hausbäume und der Kastanienwiese am Talweg.
    Neben dem großen Waldkastanienbestand waren für die Teilnehmer vor allem die vielen Solitäre (Hausbäume) von großem Interesse. Unter Haus- und Hofbäumen sind die uralten Kastanienbäume zu verstehen, die auf vielen alten Grundstücken zu finden sind. Anwesen mit einem oder gar mehreren alten Bäumen in Hausnähe sind in dieser Häufigkeit und Konzentration, wie man sie auf der Bönninghardt vorfindet, einzigartig in Deutschland. Das bedeutet, die Bönninghardt besitzt einen bislang unbekannten Schatz.

     

    Wie kam die Kastanie zur Bönninghardt?

    In alten Unterlagen heißt es für die Jahre 1905 bis 1913:
    "Die Verwaltung der Solvaywerke, die bei Büderich und Borth Salzschächte abteufen, hat sehr viele Besitzungen und Büsche (Büsche =  Niederwald) auf der Bönninghardt angekauft und zum Teil an die Besitzer wieder weiterverpachtet."
    Die Deutschen Solvay-Werke Rheinberg waren zu dieser Zeit also eifrig bemüht, die notwendigen Voraussetzungen für eine Industrieansiedlung auf der Bönninghardt zu schaffen. Neben vielen landwirtschaftlichen Gebäuden und dem dazugehörigen Ackerland wurden auch rund 560 ha Wald erworben und man stellte 1911 einen eigenen Forstverwalter ein.
    Hugo Feltens - Zeichnung entstand anlässlich des 40jährigen DienstjubiläumsHugo Feltens, geb. 1886, übte sein Amt bis 1952 aus. Er sah seine Aufgabe primär darin, die vielen bis dahin bis zur Schmerzgrenze genutzten bzw. übernutzten Walldparzellen zu einem forstwirtschaftlich vertretbaren Wald umzuwandeln.
    Zur Wiederauffüllung der gelichteten Wälder versuchte er es mit einem Unterbau von Rotbuchen, der jedoch durch Wildverbiss stark geschädigt, zu keinem Erfolg führte. So kam die Idee mit den Kastanien. Er schrieb dazu:  "Es war also notwendig für die Rotbuche einen Ersatz zu finden, der mindestens gleichwertig, ihr aber möglichst noch überlegen sein musste, überlegen im Wert seines Holzes und im Wert seines bodenverbessernden Blattes. Dieser Ersatz ist in Gestalt der Edelkastanie gefunden worden, die nun seit dem Jahre 1925 einen höchst wichtigen, ja dominierenden Platz in der Wirtschaft des Waldas Solvayheide einnimmt, und deren Wohlergehen die größte Sorgfalt zuteil wird.
    Dieser Baum, der in den Hofgärten der Bönninghardt seit deren im 18. Jahrhundert erfolgten Besiedelung mit Pfälzern bodenständig ist und der hier prächtig gedeiht, ist ungleich wertvoller als die Rotbuche.
    Das Blatt der Edelkastanie ist in Bezug auf Bodenverbesserungsfähigkeit dem der Buche ebenbürtig, hat aber den Vorzug, keinen Trockentorf zu bilden. Ihr Holz aber ist viel wertvoller als das der Buche, da es in allen Alters- und Härteklassen als Nutz- und Brennholz verwertet werden kann.
    Im Herbst 1925 wurde mit dem Unterbauen begonnen;  diese Arbeit wurde von da ab alljährlich beharrlich weitergeführt, nur im Jahr 1926 wegen Geldmangels ausgesetzt. Das Saatgut kaufte die Forstverwaltung auf den Gehöften der Bönninghardt zusammmen."

     

    Feltens, der vor über 100 Jahren seinen Dienst auf der Bönninghardt antrat, verknüpft also in seinem Bericht zum "Forstrevier Solvayheide" eindeutig die Besiedelung der Höhe durch Pfälzer Kolonisten mit der allgemeinen Anpflanzung von Kastanien auf deren Parzellen.

     

    Hausbaum am Hof Grootz - Karl BröchelerAbschließend ist zu sagen:  Wer diese alten knorrigen Gesellen auf seinem Grundstück hat, wird nicht selten über den Laubfall im Herbst schimpfen. Das Gleiche gilt für die nicht immer vorschriftsmäßig geparkten Autos der Sammler und den Müll, den man den Anliegern überlässt.
    Aber die Ausagen der IG  Edelkastianie einerseits und die Aufzeichnungen des Herrn Feltens andererseits, bringen es auf den Punkt:  Gemeinsam mit den ersten Siedlern eroberte auch die Kastanie die Heide, sozusagen eine Schicksalsgemeinschaft;  und mit der Existenz der vielen, noch aus dieser alten Zeit stammenden "Hauskastanien" besitzt der Ort in doppelter Hinsicht etwas ganz Besonderes, ja etwas einzigartiges, auf das man mit Stolz blicken kann und das es zu erhalten gilt.
     

    Ein Beitrag von Karl Bröcheler

    zur Interessengemeinschaft Edelkastanie geht es hier.

     



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