Ihre Lieblingsspeise ist der Bärenklau, jedoch mögen sie auch Disteln und sie sind wohl zur Zeit mit die fleißigsten Mitglieder der NABU-Kreisgruppe Wesel. Seit gut fünf Jahren sorgen die Schafe von Karl-Heinz Hartmann und seiner fünfköpfigen Gruppe von Landschaftspflegern fast ohne Pause tagtäglich für den Erhalt mehrerer naturnaher Biotope im Moerser Süden und haben dennoch nicht die geringste Ahnung, welch eine bedeutende Aufgabe sie erfüllen. Im Herbst hatte ich Gelegenheit, Karl-Heinz Hartmann auf seiner alltäglichen Schaf-Runde zu begleiten.
Als ich am Montag Vormittag schließlich fünf Minuten zu früh vor seiner Tür stand blickte ein großer, schlanker Mann in einer derben Arbeitshose kritisch auf meine Lederschuhe. „Ich gebe Ihnen wohl besser ein Paar Gummistiefel.“ Es würde wohl etwas matschig werden, warnte er.
Um ehrlich zu sein, hatte ich eigentlich überhaupt keine genaue Vorstellung von der Arbeit eines schäfernden Landschaftsschützers, also ging ich erst einmal ziemlich unbedarft hinter Herrn Hartmann her, als er an einer kleinen Vogel-Beobachtungshütte in der Nähe des Moerser Autobahnkreuzes mehrere große Heuballen in den bunten NABU-Bus lud. Dabei drückte er mir einen großen Plastik-Eimer mit irgendeinem gemahlenen Futtergemisch in die Hand. „Das ist eine Mischung aus Rübenschnitzeln, Mais, Weizen, Hafer und manchmal auch aus geschredderten Kastanien für den Knochenaufbau. Da sind die Schafe ganz wild drauf.“ Das stimmte, denn kaum hatten wir den Zaun zu ihrer Weide überklettert, schon rannten drei Heidschnucken-Böcke in einem beachtlichen Tempo auf uns zu, blieben dann aber ganz plötzlich stehen und beäugten mich erst einmal vorsichtig.
Ihre Weide am Neukirchener Kanal gehört eigentlich der Stadt Moers, wird aber seit gut fünf Jahren mit Zustimmung des zuständigen Forstamtes von Karl-Heinz Hartmann und seiner Gruppe betreut. Dabei spielen die Schafe eine entscheidende Rolle. Sie halten den sonst übermächtig wuchernden Bewuchs von vernachlässigten Wiesen fressend in Zaum und schaffen damit vielen seltenen Wiesen-Pflanzen und vor allem den von ihnen abhängigen Insekten einen nur noch selten vorhandenen Lebensraum. „Im Sommer ist das hier ein wahres Blütenmeer“, erklärte Karl-Heinz Hartmann stolz.
Doch die Schafe allein können noch keinen intakten Naturraum schaffen, lernte ich an diesem Montag. Wenn die Umwelt darum herum nicht stimmt, sind alle Bemühungen nur Stückwerk. Deswegen betreuen die Moerser Landschaftsschützer nicht nur ihre ökologisch aktiven Schafherden, sondern sorgen auch dafür, dass deren Weiden mit möglichst vielseitigen Gehölzen umpflanzt werden, in denen allerlei Insekten und vor allem viele bedrohte Vogelarten einen Lebensraum finden.
Mein Montagsausflug mit Karl-Heinz Hartmann endete schließlich am Schwafheimer Meer, einem kleinen, mit Schilf bewachsenen Areal, das von 15 Heidschnucken und einem prächtig behörnten Bock bewacht und begrast wird.