Freitag Nachmittag und ein Handyanruf in der NABU Geschäftsstelle. Das bedeutet meistens einen Notfall – und so war es auch diesmal. Ein kleiner Babyigel wurde auf einem Bauernhof in Kamp-Lintfort gefunden; von der Mutter und den Geschwistern fand sich trotz intensiver Suche weit und breit keine Spur. Das Ehepaar brachte mir den kleinen Igel, der gerade einmal 43 Gramm wog und das Notfallmanagement ging los:
Ich kochte Fencheltee und mischte diesen mit einem Aufzuchtpulver für Hunde und Katzen. Diese Mischung bekam der Igel achtmal pro Tag und zweimal nachts. Zusätzlich hielt ich ihn wenn wir unterwegs waren mit einer Kinderwärmeflasche warm. Hielt ich mich zuhause auf, lag die kleine Igeldame auf einer Heizunterlage für Hydrokulturen und Terrarien – natürlich immer gut eingemummelt in kleinen Handtüchern. Gut sieben Tage vergingen und die Augen und Ohren waren immer noch geschlossen. Doch dann am zweiten Wochenende mit Gina, so nannten wir das Igelbaby, schauten mich auf einmal zwei noch sehr kleine braune Igelaugen an, die in darauffolgenden Tagen immer größer wurden. Tapfer kam sie in ihrer Transportbox überall mit hin, um die Fütterungszeiten einzuhalten. Doch auch dann wurde diese Box zu klein und Gina siedelte in einen Hamsterkäfig um. Das Gewicht schnellte in die Höhe und sie verputzte jeden Tag größere Mengen. Nach ca. zwei Wochen begann sie selbständig vom Teller zu fressen und kurz darauf schmeckten ihr auch gekochte, ungewürzte Hähnchenflügel. Es war fantastisch zu sehen, wie sie sich entwickelte. Das beste war jedoch, dass sie mehrmals täglich – und auch nachts- nach mir rief, in dem sie laut pfiff wie ein Vogel. Wenn ich mich ihr dann näherte, war sie ganz aufgeregt, schnupperte an meiner Hand und wollte kuscheln. Wirklich! Gina wuchs und wuchs, so dass sie nach drei Wochen schon 225 Gramm wog und nach dreieinhalb Wochen bereits 330 Gramm.
Die Zeit der Umsiedlung in ein Freigehege kam und so brachte ich Gina mit meiner Tochter zu einer Bekannten, die ihr ein großes, tolles Freigehege zur Verfügung stellte. Für das Training „Lebendfutter fressen“ bekam sie Mehlwürmer ins Gehege. Dieses Training für die „Igel-Selbständigkeit“ dauert eineinhalb Wochen und beinhaltet auch die Stärkung der Muskulatur und eigenständigen Nestbau. Gina hat bereits einige Nächte im Freigehege verbracht und es geht ihr bestens. Nach dieser Zeit darf sie dann in die ersehnte Freiheit zurück, in der sie dann hoffentlich ein schönes Igelleben verbringen darf.
Für mich und meine Familie kann ich nur sagen, dass wir die intensive Zeit, die wir mit Gina hatten, nie vergessen werden. Leider ist es wie bei Menschenkindern – sie werden viel zu schnell groß!
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